Schnelldampfer „Cap Arcona“ (‚Königin des Atlantiks‘) – Das Original

Bei vielen Spaziergängen entlang der Ostseeküste von Neustadt/Holstein nach Pelzerhaken bin ich immer wieder am Ehrenfriedhof „Cap Arcona“  vorbeigekommen und habe mir nichts weiter dabei gedacht: „Es ist eben wieder einer dieser Gedenkstätten zu Ehren der Kriegsopfer – ist doch OK und wichtig.

Ehrenfriedhof Gedenktafel Infoplattform

Doch vor ein paar Wochen war es aber irgendwie anders und ich habe mich etwas belesen, was den Friedhof sowie dessen Geschichte angeht.

Ein zusätzlicher Besuch in den Museen von Neustadt und Grevesmühlen veranschaulichte mir die Zusammenhänge der Ereignisse. Außerdem ist dort jeweils ein Modell der „Cap Arcona“ im Maßstab 1:100 zu bestaunen.

Modell in Neustadt Modell in Grevesmühlen

Die „Cap Arcona“ war ein Luxusdampfer und das Flaggschiff der Hamburg-Südamerika-Linie. Er wurde nach dem Kap Arkona auf der Insel Rügen benannt. Das Schiff wurde kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs am 3. Mai 1945 durch britische Flugzeuge versenkt, wobei die meisten der an Bord befindlichen ca. 4.600 KZ-Häftlinge ums Leben kamen.

Cap Arcona Quelle: wikipedia

Schiffsgeschichte bis 1945
Die „Cap Arcona“ lief am 14. Mai 1927 auf der Hamburger Werft Blohm & Voss  als Baunummer 476 vom Stapel und galt als eines der schönsten Schiffe ihrer Zeit. Sie verließ am 19. November 1927 den Hamburger Hafen zu ihrer Jungfernfahrt nach Argentinien. Der Dampfer beförderte sowohl Luxusreisende als auch Auswanderer, vorwiegend nach Südamerika. Die Strecke Hamburg–Buenos Aires legte das Schiff in nur 15 Tagen zurück. Es wurde im Liniendienst zwischen Hamburg–Madeira–Rio de Janeiro und Buenos Aires eingesetzt. Vom November 1927 bis zum August 1939 wurden mehr als 200.000 Passagiere auf 91 durchgeführten Reisen transportiert. Ein berühmter Passagier war 1928 der Luftfahrt-Pionier Alberto Santos-Dumont. Am 25. August 1939 legte die „Cap Arcona“ unter dem Kommando von Kommodore Richard Niejahr das letzte Mal von Südamerika kommend in Hamburg an. Am selben Tag erfuhr Niejahr durch einen verschlüsselten Funkspruch vom bevorstehenden Krieg.

Durchblick zum Festsaal Treppenhaus

Ab 1940 wurde die „Cap Arcona“ von der deutschen Kriegsmarine verwendet und verblieb in der Ostsee. In dieser Zeit war sie auch Kulisse für eine Verfilmung des Titanic-Untergangs. Der Film entstand 1943, wurde aber nicht mehr in Deutschland gezeigt. Ab Ende 1944 wurde das Schiff zum Transport von Flüchtlingen aus Ostpreußen nach Westen eingesetzt, danach von der Kriegsmarine aufgegeben. Ab dem 14. April 1945 lag es wegen eines Maschinenschadens manövrierunfähig vor Neustadt. Es wurde ausgemustert und dem Hamburger Gauleiter Karl Kaufmann unterstellt, der zugleich „Reichskommissar für die Seeschifffahrt“ war.

Versenkung der „Cap Arcona“
Vor den anrückenden britischen Truppen wurden die verbliebenen KZ-Häftlinge aus dem Konzentrationslager Neuengamme Ende April nach Lübeck transportiert. Mehr als 9.000 kamen von dort auf Schiffe.

Am 20. April 1945 trafen mehr als 4.000 Gefangene des KZ Neuengamme im Lübecker Industriehafen ein und wurden mit ihrer Bewachung auf zwei kleinere beschädigte Schiffe gebracht, die „Thielbek“ und die „Athen“. Am 26. April 1945 kamen weitere 2.500 Häftlinge aus dem KZ Neuengamme sowie Überlebende des Todesmarsches vom KZ Fürstengrube und anderen schlesischen Lagern an und wurden auf der „Cap Arcona“ eingeschifft. Zeitweilig war die „Cap Arcona“ mit 7.500 Häftlingen an Bord völlig überfüllt. Mangelhafte Ernährung und unzureichende hygienische Zustände führten zu einem Massensterben. Am 30. April 1945 wurden alle KZ-Häftlinge französischer Nationalität und einige Belgier und Niederländer von den Schiffen ans Ufer gebracht und mit den „Weißen Bussen“ des schwedischen Roten Kreuzes zu zwei Dampfern transportiert, die sie nach Trelleborg übersetzten. Schließlich wurde ein Teil der Häftlinge auf die anderen beiden Schiffe gebracht, so dass sich Anfang Mai etwa 4.600 Häftlinge und 500 Seeleute, Flakmatrosen und Bewacher auf der „Cap Arcona“ befanden. Die Zahl der Menschen auf der „Cap Arcona“ schwankt in verschiedenen Beschreibungen zwischen 4.500 und 6.000.

Am 3. Mai 1945 lagen die „Cap Arcona“ und die „Deutschland“ in der Lübecker Bucht zwischen Neustadt und Scharbeutz. Die „Athen“ blieb in Neustadt im Marinehafen, die „Thielbek“ brachte Häftlinge auf die „Cap Arcona“. Da die Schiffe nicht besonders gekennzeichnet und mit Bordwaffen ausgestattet waren, wurden sie von alliierten Fliegern vom Militärflugplatz Plantlünne/Wesel für Truppentransporter gehalten. Der Großangriff von 200 Flugzeugen der Royal Air Force galt zahlreichen Schiffen, die in der Kieler und Lübecker Bucht lagen und sollte die vermutete Absetzbewegung deutscher Truppen über die Ostsee verhindern. Dabei wurden 23 Schiffe versenkt und 115 Schiffe beschädigt.

Die „Cap Arcona“ wurde in vier Angriffswellen von Jagdbombern der britischen Luftwaffe angegriffen und in Brand geschossen. Das Schiff legte sich auf die Seite; versank aber aufgrund der geringen Wassertiefe nicht. Augenzeugen berichteten, dass die brennenden Schiffe bis nach Timmendorfer Strand gesehen werden konnten. Da die Wassertemperatur an dem Tag nur 8 °C betrug, konnten die meisten Häftlinge sich nicht schwimmend ans Ufer retten. Die Schiffbrüchigen wurden von den britischen Flugzeugen mit Bordwaffen beschossen. Wirkungsvolle Rettungsmaßnahmen liefen verspätet an. Nur ein geringer Teil der Häftlinge wurde von Booten aufgenommen, die sich vorrangig um die Rettung von Marineangehörigen bemühten. Aus anderen Booten schoss man auf die im Wasser um ihr Leben kämpfenden Häftlinge. Rund 6.400 der etwa 7.000 KZ-Insassen auf der „Cap Arcona“ und der „Thielbek“ verbrannten, ertranken oder wurden erschossen.

Brennende Cap Arcona Das gekenterte Schiff

Die Versenkung der „Cap Arcona“ gehört mit denen der „Wilhelm Gustloff“ (ca. 9.000 Tote) und der „Goya“ (ca. 7.000 Tote), die ebenfalls 1945 in der Ostsee versenkt wurden, sowie der japanischen Truppen- und Gefangenentransporter „Junyo Maru“ (5.620 Tote), „Toyama Maru“ (5.500 Tote) und „Ryusei Maru“ (4.998 Tote) 1944 zu den verlustreichsten Schiffsuntergängen der Neuzeit. Zum Vergleich: die „Titanic“ riss am 15. April 1912 ca. 1.500 Menschen in den Tod.

Wer nun noch mehr Hintergrundinformationen über den Untergang der „Cap Arcona“ wissen möchte, dem empfehle ich unbedingt folgendes Buch und DVD:

Buch und DVD

Technische Daten
Länge: 205,9 m
Breite: 25,8 m
Tiefgang: max. 8,7 m
Vermessung: 27.561 BRT
Besatzung: 630 Mann
Maschine: 2 Getriebeturbinen mit 24.000 PS (17.652 kW)
Geschwindigkeit: max. 21 knTragfähigkeit: 11.500 tdw
Passagiere: 1.315 (ab 1937: 850)

5 Kommentare

  1. Jan Oehlke

    Im KZ Neuengamme beschäftigt sich eine Abteilung der Ausstellung nur mit dem Untergang des Schiffes und es gibt sogar den vorderen Teil des Schiffes als Kartonmodell zu sehen.

  2. Klaus

    Hallo Jabietz

    Soll das jetzt heißen, dass du einen Baubericht zur Cap Arcona anfängts? Das wäre wohl Foren-weltweit der erste öffentliche Baubericht, denn ich kenne keinen und bin deshalb doppelt gespannt. Hab den Bogen auch noch liegen.

    mfg
    Klaus

  3. jabietz

    @Jan: Ja, das Modell ist mir bekannt. Es gibt einige Bilder davon im Netz.

    @Klaus: Ja, der Rumpf ist bereits geschlossen, auch wenn über 500 Bullaugen und über 350 Fenster fehlen, und ich bin auch ganz zufrieden damit. Deshalb werde ich das Modell weiterbauen und auch in den nächsten Tagen den Baubericht beginnen.

    Lieben Gruß
    Andreas

  4. Fiete

    Moin Andreas,
    was heißt „fehlen“? Hast Du die entsprechenden Teile noch nicht verbaut, oder fehlen die tatsächlich beim Modell? Dann müsste sich Piet aber gewaltig verzählt haben…
    Beste Grüße
    Fiete

  5. jabietz

    Moin Fiete

    Upps, da habe ich mich etwas selten dämlich ausgedrückt. :mrgreen:
    Diese ganzen Bullaugen und Fenster fehlen natürlich, weil ich sie ausgestichelt und mit Folie hinterklebt habe. Piet hat schon gut gearbeitet!!!

    Lieben Gruß
    Andreas

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